Mietrecht Mindeststandard bei der Instandhaltung von vermietetem Wohnraum
Vermieter sind – insbesondere bei hochpreisigen Mietverhältnissen – auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelungen verpflichtet, für Sauberkeit, Sicherheit und eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Gebäudes zu sorgen.
Was ist passiert?
Eine Berliner Mieterin, die monatlich 3.000 Euro für ihre Wohnung zahlte, beklagte sich wiederholt bei ihrer Vermieterin über den Zustand des Mietshauses. Sie bemängelte zu wenige Mülltonnen, herumliegenden Abfall sowie dauerhaft schmutzige Bereiche wie den Müllraum, den Fahrstuhl und das Treppenhaus. Zudem kritisierte sie den ungepflegten Garten sowie die unzureichende Sicherung von Gartentoren und Kellern.
Die Vermieterin wies diese Beschwerden konsequent als unbegründet zurück und argumentierte, dass der Mietvertrag zu den genannten Punkten keine expliziten Regelungen enthalte.
Daraufhin zog die Mieterin vor Gericht, forderte Abhilfe und verlangte rückwirkend eine Mietminderung. Ihrer Ansicht nach berechtigten die Mängel dazu, die Miete entsprechend zu kürzen. Das Amtsgericht (AG) wies die Klage jedoch ab und bezeichnete die Angaben der Mieterin zu den angeblichen Missständen als unzureichend begründet. Daraufhin ging die Mieterin in Berufung beim LG Berlin II.
Rechtsgrundlage: Instandhaltungspflicht des Vermieters
Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache während der gesamten Mietzeit in einem Zustand zu erhalten, der den vereinbarten Gebrauch ermöglicht. Dies umfasst die Beseitigung von Mängeln und Schäden, die nicht durch den Mieter verursacht wurden. Beispiele hierfür sind Reparaturen an der Gebäudesubstanz, technischen Einrichtungen oder Versorgungsanlagen wie Heizung, Elektrik und Sanitär.
Die Kosten für diese Maßnahmen trägt grundsätzlich der Vermieter. Auch wenn der Mieter Betriebskosten zahlt, bleibt die Instandhaltungspflicht des Vermieters bestehen, sofern keine anderslautende Vereinbarung im Mietvertrag getroffen wurde. Werden Instandhaltungsarbeiten vernachlässigt, kann der Mieter Mängelbeseitigung verlangen, die Miete mindern oder gegebenenfalls Schadensersatz fordern.
Entscheidung des LG Berlin II
Das Landgericht Berlin II widersprach dieser Entscheidung (Az. 67 S 100/24) und kritisierte das AG scharf. Es habe versäumt, Beweise zu den von der Mieterin vorgebrachten Mängeln einzuholen. Dabei sei unerheblich, ob der Mietvertrag ausdrücklich Regelungen zur Hausreinigung, Müllbeseitigung oder Gartenpflege enthalte.
Das Landgericht stellte klar, dass Vermieter von hochpreisigen Wohnungen verpflichtet seien, die Pflege des Gebäudes mindestens auf einem üblichen Mindeststandard zu gewährleisten. Diese Pflicht gelte auch dann, wenn im Mietvertrag keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen wurden.
Besonders relevant sei diese Verpflichtung, wenn die Mieter – wie in diesem Fall – Betriebskosten für die beanstandeten Leistungen tragen. In solchen Situationen hätten Mieter nicht nur das Recht, die Wirtschaftlichkeit der Betriebskosten zu prüfen, sondern auch Ansprüche auf Mängelbeseitigung und Mietminderung bei erheblichen Beeinträchtigungen.
Es spiele dabei keine Rolle, ob die Missstände vom Vermieter selbst oder von beauftragten Dienstleistern verursacht wurden.
Weiteres Verfahren und Konsequenzen
Das Landgericht verwies den Fall zur erneuten Prüfung an das Amtsgericht zurück. Dieses müsse feststellen, ob die von der Mieterin vorgebrachten Mängel tatsächlich bestehen. Falls dies der Fall sei, stünden der Klägerin sowohl Ansprüche auf Beseitigung der Mängel als auch auf eine rückwirkende Mietminderung zu.
Quelle: Urteil des Landgerichts Berlin II, 11.06.2024 – Az. 67 S 100/24
- Von Marius Pflaum,
DIRO AG